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aber das war auch alles."
"Pfui! schaemt Euch", rief Friedrich, "wer wird eine Geliebte verleugnen? Und Ihr habt
sie so komplett geliebt, als man es nur wuenschen konnte. Es verging kein Tag, dass
Ihr dem Maedchen nicht etwas schenktet, und wenn der Deutsche schenkt, liebt er
gewiss. Es blieb mir nichts uebrig, als sie Euch zuletzt wegzuputzen, und dem roten
Offizierchen ist es denn auch endlich geglueckt."
"Wie? Sie waren der Offizier, den wir bei Philinen antrafen und mit dem sie wegreiste?"
"Ja", versetzte Friedrich, "den Sie fuer Marianen hielten. Wir haben genug ueber den
Irrtum gelacht."
"Welche Grausamkeit!" rief Wilhelm, "mich in einer solchen Ungewissheit zu lassen."
"Und noch dazu den Kurier, den Sie uns nachschickten, gleich in Dienste zu nehmen!"
versetzte Friedrich. "Es ist ein tuechtiger Kerl und ist diese Zeit nicht von unserer Seite
gekommen. Und das Maedchen lieb ich noch immer so rasend wie jemals. Mir hat sie's
ganz eigens angetan, dass ich mich ganz nahezu in einem mythologischen Falle
befinde und alle Tage befuerchte, verwandelt zu werden."
"Sagen Sie mir nur", fragte Wilhelm, "wo haben Sie Ihre ausgebreitete Gelehrsamkeit
her? Ich hoere mit Verwunderung der seltsamen Manier zu, die Sie angenommen
haben, immer mit Beziehung auf alte Geschichten und Fabeln zu sprechen."
"Auf die lustigste Weise", sagte Friedrich, "bin ich gelehrt, und zwar sehr gelehrt
worden. Philine ist nun bei mir, wir haben einem Pachter das alte Schloss eines
Rittergutes abgemietet, worin wir wie die Kobolde aufs lustigste leben. Dort haben wir
eine zwar kompendioese, aber doch ausgesuchte Bibliothek gefunden, enthaltend eine
Bibel in Folio, "Gottfrieds Chronik", zwei Baende "Theatrum Europaeum", die "Acerra
Philologica", Gryphii Schriften und noch einige minder wichtige Buecher. Nun hatten wir
denn doch, wenn wir ausgetobt hatten, manchmal Langeweile, wir wollten lesen, und
ehe wir's uns versahen, ward unsere Weile noch laenger. Endlich hatte Philine den
herrlichen Einfall, die saemtlichen Buecher auf einem grossen Tisch aufzuschlagen, wir
setzten uns gegeneinander und lasen gegeneinander, und immer nur stellenweise, aus
einem Buch wie aus dem andern. Das war nun eine rechte Lust! Wir glaubten wirklich in
guter Gesellschaft zu sein, wo man fuer unschicklich haelt, irgendeine Materie zu lange
fortsetzen oder wohl gar gruendlich eroertern zu wollen; wir glaubten in lebhafter
Gesellschaft zu sein, wo keins das andere zum Wort kommen laesst. Diese
Unterhaltung geben wir uns regelmaessig alle Tage und werden dadurch nach und
nach so gelehrt, dass wir uns selbst darueber verwundern. Schon finden wir nichts
Neues mehr unter der Sonne, zu allem bietet uns unsere Wissenschaft einen Beleg an.
Wir variieren diese Art, uns zu unterrichten, auf gar vielerlei Weise. Manchmal lesen wir
nach einer alten, verdorbenen Sanduhr, die in einigen Minuten ausgelaufen ist. Schnell
dreht sie das andere herum und faengt aus einem Buche zu lesen an, und kaum ist
wieder der Sand im untern Glase, so beginnt das andere schon wieder seinen Spruch,
und so studieren wir wirklich auf wahrhaft akademische Weise, nur dass wir kuerzere
Stunden haben und unsere Studien aeusserst mannigfaltig sind."
"Diese Tollheit begreife ich wohl", sagte Wilhelm, "wenn einmal so ein lustiges Paar
beisammen ist; wie aber das lockere Paar so lange beisammen bleiben kann, das ist
mir nicht so bald begreiflich."
"Das ist", rief Friedrich, "eben das Glueck und das Unglueck: Philine darf sich nicht
sehen lassen, sie mag sich selbst nicht sehen, sie ist guter Hoffnung. Unfoermlicher
und laecherlicher ist nichts in der Welt als sie. Noch kurz, ehe ich wegging, kam sie
zufaelligerweise vor den Spiegel. "Pfui Teufel!" sagte sie und wendete das Gesicht ab,
"die leibhaftige Frau Melina! Das garstige Bild! Man sieht doch ganz niedertraechtig
aus!""
"Ich muss gestehen", versetzte Wilhelm laechelnd, "dass es ziemlich komisch sein mag,
euch als Vater und Mutter beisammen zu sehen."
"Es ist ein recht naerrischer Streich", sagte Friedrich, "dass ich noch zuletzt als Vater
gelten soll. Sie behauptet's, und die Zeit trifft auch. Anfangs machte mich der
verwuenschte Besuch, den sie Euch nach dem "Hamlet" abgestattet hatte, ein wenig
irre."
"Was fuer ein Besuch?"
"Ihr werdet das Andenken daran doch nicht ganz und gar verschlafen haben? Das
allerliebste, fuehlbare Gespenst jener Nacht, wenn Ihr's noch nicht wisst, war Philine.
Die Geschichte war mir freilich eine harte Mitgift, doch wenn man sich so etwas nicht
mag gefallen lassen, so muss man gar nicht lieben. Die Vaterschaft beruht ueberhaupt
nur auf der ueberzeugung; ich bin ueberzeugt, und also bin ich Vater. Da seht Ihr, dass
ich die Logik auch am rechten Orte zu brauchen weiss. Und wenn das Kind sich nicht
gleich nach der Geburt auf der Stelle zu Tode lacht, so kann es, wo nicht ein
nuetzlicher, doch angenehmer Weltbuerger werden." [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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