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der spinnenartigen Hand des Magiers. Er trat einen Schritt vor, doch
nichts geschah. Sein Blick heftete sich auf die Gesichter der vier To-
ten. Aus ihren gebrochenen Augen starrte ihm der blanke Wahnsinn
entgegen, ein Entsetzen, das menschliche Vorstellungskraft über-
stieg. Er verstand plötzlich, daß es wirklich ein Akt der Barmherzig-
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keit gewesen war, als Cathar sie getötet hatte, auch wenn er immer
noch nicht begriff, was geschehen war.
Torian zögerte erneut, umfaßte instinktiv Cathars Hand noch fester
und machte einen weiteren Schritt.
Im gleichen Moment bewegte sich einer der Toten.
Torians Herz schien einen entsetzlichen Sprung zu tun. Eine eisige
Hand legte sich um seinen Nacken und glitt kribbelnd seinen Rücken
herab.
Der Mann war eindeutig tot! Aber er bewegte sich! Langsam,
unendlich langsam richte er sich auf, hob die Hände und starrte
Torian aus seinen gebrochenen Augen an. Sein Mund klaffte wie
eine geschlitzte Wunde. Etwas Schwarzes, Glitzerndes schien sich
darin zu winden. Und dann begann er zu sprechen!
Du hast mich umgebracht, Torian! krächzte er mit entsetzlich ver-
zerrter, quäkender Totenstimme. Du hast uns belogen, als du uns
Schutz versprachest. Cathars Weg führt nur in den Tod!
Und mit einem Male sprachen auch die anderen, stimmten in den
grauenhaften, monotonen Singsang des lebenden Leichnams ein,
schrien immer und immer wieder die gleichen Worte: Du hast uns
getötet, Torian!
Torian wollte zurückweichen, aber das Grauen lähmte ihn. Unfä-
hig, auch nur einen Muskel zu rühren, starrte er die furchtbaren Ges-
talten an. Entsetzen breitete sich in seinen Gedanken aus, ein Schre-
cken, der alles überstieg, was er jemals erlebt hatte.
Aber das Grauen hatte seinen Höhepunkt noch nicht erreicht. Die
Toten veränderten sich. Ihre Gesichter zerfielen, wurden alt und zer-
bröckelten mit ungeheurer Geschwindigkeit. Was sonst Monate und
Jahre dauerte, geschah in Sekunden. Ihre Haut wurde grau, riß auf
und zerfiel zu zeitgewobenem Staub. Aber darunter kam nicht der
Totenschädel eines Menschen zum Vorschein, sondern eine neue,
grauenhafte Fratze mit einem scharfkantigen Papageienschnabel,
dessen Klicken Torians Nerven fast zum Zerreißen brachte, und ei-
nem zyklopischen, rotleuchtenden Auge, in dem ein höhnischer Tri-
umph loderte.
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Sie sind mein! kicherte die Fratze, jetzt gehören sie mir. Du hast sie
betrogen und mir zum Geschenk gemacht. Ich danke dir dafür, und
bald gehörst auch du für alle Zeiten mir. Du weißt, was ich bin? Ich
bin der Parasit in deiner Schulter, und es dauert nicht mehr lange,
bis wir ganz eins geworden sind.
Der Sand stob auf. Nacktes Entsetzen überschwemmte Torians
Denken, schuppenhäutige Dämonenhände griffen nach seinen Bei-
nen, klammerten sich mit furchtbarer Gewalt daran fest und versuch-
ten, ihn in den Sand herabzuzerren, den Sand und etwas Entsetzli-
ches, Ewiges, das darunter bereits auf ihn lauerte.
Er schrie gellend auf, spürte, wie Cathar mit einem hastigen Schritt
zurückwich und ihn dabei mitriß, und -
Und dann war es vorbei.
Von einer Sekunde auf die andere war der Sand wieder glatt, die
chtonische Fratze und die Hände verschwunden, und die Toten lagen
wieder so da, wie sie niedergestürzt waren, unverändert.
»Bei Ch tuon, was& was war das?« keuchte Torian. Er versuchte
vergeblich, die entsetzlichen Bilder aus seinem Geist zu verdrängen.
»Was war das?« flüsterte er noch einmal.
»Dasselbe, was diesen Männern passiert ist«, erwiderte Cathar mit
einer Geste auf die Toten. »Und was uns allen passieren würde, wenn
wir weitergingen. Es ist eine Falle, die noch nicht ausge& «
Eine plötzliche Windbö schlug ihm die weiteren Worte von den
Lippen. Die Bö war so heftig, daß sie Torian von den Füßen riß, in
den Sand schleuderte und seinen Schreckensschrei verschluckte.
Er rappelte sich wieder auf, blieb einige Sekunden lang reglos ste-
hen und starrte an Cathar vorbei, die Augen vor Schrecken weit auf-
gerissen. Dann rannte er einige Schritte, so schnell er nur konnte,
warf sich in den Schutz eines Felsens und barg den Kopf in den Ar-
men.
Hinter ihm heulte der Urgroßvater aller Stürme heran.
Der Sturm hatte eine Stunde vor Sonnenaufgang begonnen. Er war
ohne jede Vorwarnung losgebrochen, und mittlerweile war sich Tori-
an ziemlich sicher, daß er innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht
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mehr aufhören würde. Wenn ihn sein Zeitgefühl nicht völlig trog,
mußte es fast Mittag sein, aber rings um sie herum herrschte tiefste
Nacht. Der Himmel spannte sich wie ein Tuch aus brodelnder
Schwärze über der Wüste; so tief, daß Torian glaubte, ihn berühren
zu können, wenn er nur die Hand ausstreckte. Nur ab und zu zuckte
ein greller Blitz auf und tauchte die felsige Landschaft in unheimli-
ches, flackerndes Licht, und der Sturm erfüllte die Luft mit einem
ungeheuerlichen Heulen und Brüllen, als hätten sich sämtliche Ge-
schöpfe Ch tuons zu einem apokalyptischen Chor zusammengefun-
den, um eine Hymne auf den Weltuntergang anzustimmen. Staubfein
zermahlener Sand prasselte auf den Felsen, hinter den Torian sich
geflüchtet hatte, verfing sich in seinem Haar, in seiner Kleidung, in
seinem Mund und seinen Augen, in seinen Ohren und seiner Nase.
Vorsichtig hob er den Kopf, schirmte die Augen mit der Hand ab und
spähte für einen kurzen Moment hinter seiner Deckung hervor.
Der Sturm hatte ihr Lager innerhalb einer einzigen Minute so
gründlich zerstört, daß jede Feuerechse vor Neid erblaßt wäre, hatte
die Überreste in einer weiteren Minute auf tausend Quadratmeilen
verteilt und alles unter Tonnen und Tonnen von Sand begraben. Und
er hatte ihre Pferde samt einem Gutteil der Ausrüstung auf Nimmer-
wiedersehen verschluckt und die fast mannstiefe Senke, in der sie ihr
Lager aufgeschlagen hatten, derart mit Sand zugeschaufelt, daß sie
bis an die Hälse darin versunken wären, hätten sie den Fehler began-
gen, sich auf den Schutz des felsigen Randes zu verlassen. Ein totes
Pferd flog wie ein Geschoß heran, prallte gegen einen Felsen und
blieb davor liegen. Binnen weniger Sekunden war es unter einem
Hügel aus aufgeschüttetem Sand verschwunden.
Wieder wetterleuchtete es über ihnen, und wahrscheinlich erfolgte
auch gleich darauf ein Donnerschlag, der aber im Heulen und Brüllen
des Sturmes unterging. Immerhin sah Torian in dem kurzen, weiß-
blauen Flackern die verschwommenen Umrisse eines Menschen, der
sich nur wenige Schritte neben ihm in den Schutz eines Felsens
duckte. Vorsichtig erhob er sich hinter seiner Deckung, wartete ab,
bis der Sturm für einen Moment innehielt - freilich nur, um danach
mit doppelter Wucht wieder losschlagen zu können -, und rannte los.
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Es waren nur wenige Schritte; nicht einmal zehn Meter. Trotzdem
hätte er es um ein Haar nicht geschafft. Eine gewaltige Bö packte
ihn, als er drei Viertel der Strecke hinter sich gebracht hatte, hob ihn
wie ein Blatt vom Boden hoch und schleuderte ihn drei, vier Meter
weit durch die Luft. Wäre er auf Felsen statt auf weichen Sand ge-
stürzt, hätte er sich zweifellos sämtliche Knochen im Leibe gebro-
chen, aber auch so kostete es ihn seine letzte Kraft, sich auf Hände
und Knie hochzustemmen und in den Schutz des nächsten Felsens zu
kriechen.
Der Umriß, den er im Licht des Blitzes bemerkt hatte, war Shyleen.
Ihre Hand streckte sich ihm entgegen, als er auf den Felsen zurobbte,
packte die seine und zog ihn mit erstaunlicher Kraft in die Deckung
des Steines. Er nickte dankbar. Zum Sprechen fehlte ihm der Atem.
Außerdem hätte das Heulen des Sturmes ohnehin jeden Laut ver-
schluckt, denn als Shyleen den Mund öffnete und irgend etwas
schrie, drang nicht ein Wort an seine Ohren, so daß er nur verständ-
nislos mit den Schultern zucken konnte. Er starrte sie an und ver- [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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