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ihm Anacho.
Diese Stadt hatte einen ganz eigenen Charakter.
Breite, etwas nackte Straßen waren mit
mehrstöckigen Häusern aus gebrannten Ziegeln
bebaut. Alles war in einem Zustand vornehm
zurückhaltender Vernachlässigung. Sehr
betriebsam war die Stadt nicht, und nur wenig
Leute zeigten sich auf der Straße. Einige trugen
sehr komplizierte Kleider, weiße Leinenhemden,
Krawatten in umständliche Knoten geschlungen,
und Schleifchen. Andere, offenbar von geringerem
Stand, hatten weite grüne oder braune Kniehosen
an, dazu Jacken oder Blusen in gedeckten Farben.
Dordolio führte sie zu einem großen Kleiderladen,
in dem einige Dutzend Männer und Frauen nähten.
Dordolio sprach energisch mit dem ältlichen,
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kahlköpfigen Besitzer, während die anderen drei
warteten.
»Ich habe mit dem Mann gesprochen und ihm
beschrieben, was ihr braucht«, berichtete Dordolio
dann. »Er kann euch zu geringen Kosten aus seinen
Lagerbeständen ausstaffieren.«
Drei blasse junge Männer erschienen und fuhren
einen Kleiderständer heran. Der Besitzer traf
schnell seine Wahl und legte die Kleider den dreien
vor. »Die werden den Herren wohl passen«, meinte
er. »Wenn ihr euch sofort umziehen wollt
Umkleideräume sind vorhanden.«
Reith besah sich die Sachen recht kritisch. Das
Material war ein bißchen grob, die Farben
erschienen ihm zu grell. Anacho zwinkerte ihm zu
und schien der gleichen Ansicht zu sein. Da sagte
Reith zu Dordolio: »Deine eigenen Kleider sind
auch nicht mehr besonders gut. Warum willst du
nicht diesen Anzug hier anprobieren?«
Dordolio hob entrüstet die Brauen. »Ich bin mit
dem zufrieden, was ich trage.«
»Sie gefallen mir nicht«, erklärte Reith dem
Besitzer. »Zeig mir deinen Katalog oder die
Muster, nach denen du arbeitest.« Zusammen mit
Anacho sah er dann ein paar hundert Farbskizzen
durch. Er deutete auf einen dunkelblauen Anzug
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von konservativem Schnitt. »Wie wär s mit dem?«
fragte er.
Dordolio war sehr ungeduldig. »Den würde ein
wohlhabender Gemüsegärtner zur Beerdigung eines
Verwandten tragen.«
»Und dies hier?« Reith zeigte auf ein anderes
Muster.
»Die sind noch weniger passend. Sie gehören für
einen ältlichen Philosophen auf seinem Landsitz.
Freizeitkleidung.«
»Hm. Dann zeig mir doch etwas für einen
jüngeren Philosophen von makellosem Geschmack,
das er gelegentlich eines Stadtbesuches tragen
würde«, bat Reith den Ladenbesitzer.
Dordolio schniefte, sagte jedoch nichts mehr. Der
Kleiderhändler gab die entsprechenden Aufträge.
»Und für diesen Gentleman hier«, fuhr Reith fort
und deutete auf Anacho, »kommt ein Reisekostüm
für einen hohen Würdenträger in Frage. Und hier
wird ein sportlicher Anzug für einen jungen Herrn
gewünscht.« Er deutete auf Traz.
Die nun ankommenden Kleider unterschieden
sich erheblich von den zuerst angebotenen, und sie
wurden nach geringfügigen Änderungen gekauft
und gleich angezogen. Dordolio zupfte ständig an
seinem Schnurrbart und platzte fast, da er eine
Bemerkung nicht mehr unterdrücken konnte.
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»Schöne Kleider. Selbstverständlich. Aber sind sie
auch angemessen? Aber euer Benehmen wird euer
Aussehen Lügen strafen.«
Da wurde Anacho aber böse. »Willst du
vielleicht, daß wir wie Trottel gekleidet nach Settra
kommen? Die Kleider, die du uns zugedacht hast,
lassen kaum schmeichelhafte Schlüsse zu.«
»Was macht das schon aus?« schrie Dordolio.
»Ein flüchtiger Dirdirmann, ein Nomadenjunge und
ein mysteriöser Niemand ist es nicht absurd,
solche Leute in die Kleider von Edelmännern zu
stecken?«
Reith lachte, Anacho ließ seine Finger flattern
und Traz musterte Dordolio angewidert, aber Reith
bezahlte die Rechnung.
»Und jetzt zum Flughafen«, sagte Dordolio.
»Wenn ihr schon das Beste wollt, dann mieten wir
einen Luftwagen.«
»Nur nicht so voreilig«, warnte Reith. »Es muß
eine billigere und weniger auffallende Möglichkeit
geben, nach Settra zu gelangen.«
»Wer sich wie ein Herr kleidet, muß sich auch
wie ein Herr benehmen.«
»Wir sind bescheidene Herren«, meinte Reith. Er
wandte sich an den Kleiderhändler. »Wie machst
du gewöhnlich die Reise nach Settra?«
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»Ich bin ein Mann ohne Stand«, antwortete dieser
»und reise in der Regel mit dem öffentlichen
Wagen.«
»Gut. Wenn du, Dordolio, mit einem privaten
Luftwagen reisen willst, trennen sich hier unsere
Wege.«
»Gerne. Aber ich brauche fünfhundert Sequinen.«
Reith schüttelte den Kopf. »Nein, das glaube ich
nicht.«
»Dann muß ich auch mit dem öffentlichen Wagen
reisen«, seufzte Dordolio, und von da an wurde er
eine Spur herzlicher. »Ihr werdet sehen, daß die
Yao großen Wert auf Harmonie legen, Harmonie in
Erscheinung und Benehmen. Ihr seid jetzt wie
Personen von Stand gekleidet, und nun werdet ihr
euch wohl auch so benehmen. Dann wird alles von
selbst laufen.«
Bald saßen sie in einem gut ausgestatteten
Wagenhaus erster Klasse und ließen sich behaglich
durch die Landschaft schaukeln. Reith zerbrach
sich ein wenig den Kopf über diesen Wagen. Die
Motoren waren klein, stark und raffiniert im
Baumuster, aber warum war der Wagen so
kopflastig? An Geschwindigkeit konnte der Wagen
siebzig Meilen in der Stunde erreichen, und da
fuhren die Räder auf Luftkissen; war die Straße
glatt, so wurde die kleinste Unebenheit abgefangen.
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Auf harten Straßen mit ausgefahrenen Rinnen, wo
die Räder immer wieder in die Furchen brachen,
schwankte der gesamte Aufbau jedes Mal
bedrohlich. Die Yao schienen ausgezeichnete
Theoretiker, aber miserable Praktiker zu sein.
Das Land schien zivilisierter zu sein als alles
andere, was Reith bisher auf Tschai gesehen hatte.
Die Luft war leicht dunstig und wob einen
dunkelgelben Schleier vor die Sonne. Die Schatten
waren tiefschwarz. Sie fuhren durch Wälder
knorriger, schwarzblättriger Bäume, vorbei an
Parks und Herrenhäusern, an halbzerfallenen
Steinmauern und Dörfern, in denen nur die Hälfte
der Häuser bewohnt zu sein schien. Sie
durchquerten ein Hochmoor, bogen dann nach
Osten und fuhren durch Marschen und Sümpfe und
steiniges Brachland. Kein Mensch war zu sehen,
obwohl da und dort in der Ferne eine halbzerfallene
Burg zu erkennen war.
»Ein Geisterland«, sagte Dordolio. »Das ist das
Audan Moor. Hast du schon davon gehört? Nein?
Eine trostlose Gegend, wie du siehst. Hier treiben
sich die Ausgestoßenen herum, sogar ab und zu ein
Phung. In der Nacht bellen die Nachthunde& «
Vom Audan Moor aus rollten sie in ein Land von
großem Reiz. Überall gab es Bäche und Teiche, an
denen hohe, schwarze, braune oder rostfarbene
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